Schwimmen lernen – das können Kinder momentan nur in Seen oder Flüssen. Die Bäder sind zu.
Jedes Jahr bringt die Ortsgruppe Tuttlingen der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft (DLRG) ein paar hundert Kindern das Schwimmen bei. Eigentlich. Seit mehr als einem Jahr sind die Hallenbäder aber zu, Schwimmen lernen ist so gut wie unmöglich. Was also tun? Dorothea Hecht hat bei Thomas Hauser, DLRG-Vorsitzender in Tuttlingen, nachgefragt.
Herr Hauser, wie groß ist gerade die Warteliste für Schwimmunterricht?
Wir haben gar keine Warteliste mehr gemacht, weil wir einfach nicht wissen, wann wir wieder Schwimmkurse anbieten können. Zumal wir neben dem Tuwass auch das Lebenshilfe-Schwimmbecken genutzt haben, das jetzt aber zugemacht hat (Anm. d. Red.: Die Lebenshilfe hat das sanierungsbedürftige Bad aus finanziellen Gründen 2020 geschlossen.). Wir hoffen auf das Freibad und gutes Wetter, damit wir zumindest im Sommer Kurse anbieten können.
Es ist ja aber noch nicht sicher, ob und wann das Freibad überhaupt aufmacht?
Genau. Es ist im Moment, schwierig, irgendetwas konkret zu planen. Man überlegt, man könnte vielleicht, aber mehr geht nicht. Zuletzt hatten wir Wartezeiten von mindestens einem Jahr für Schwimmkurse. Das heißt, wir bräuchten eigentlich sechs bis acht Stunden pro Woche zusätzlich, um überhaupt von dieser Bugwelle runterzukommen. Nur wo sollen diese Stunden herkommen? Selbst wenn das Tuwass irgendwann wieder öffnet, wird das nicht gehen, dort gibt es ja keine freien Kapazitäten.
Wie kriegt man denn dann die Kinder zum Schwimmen? Was raten Sie Eltern im Moment – es ihnen in einem Badesee selbst beizubringen?
Selber machen – ja, wer sich das zutraut, sollte es versuchen. Früher war es normal, dass Eltern ihren Kindern das Schwimmen beigebracht haben. Dann haben es irgendwann Vereine übernommen. Der Bedarf ist aber schon immer deutlich größer, als wir überhaupt Kurse anbieten können. Und durch Corona wird es bundesweit definitiv mehr Nichtschwimmer geben, die später vielleicht trotzdem irgendwo ins Wasser springen, weil sie die Gefahr nicht einschätzen können. Das ist die Präventionsarbeit, die grade auf der Strecke bleibt.
Das ist kein besonders positiver Ausblick.
Nein, da muss man realistisch sein. Wir werden bald den doppelten Bedarf an Schwimmkursen haben, aber die halbe Wasserfläche. Die Probleme mit fehlenden Bädern gibt es aber bundesweit. Unser Verband ist aktiv, um darauf hinzuweisen. Lokal bleiben wir dran an der Überlegung, einen Förderverein für ein neues Schwimmbecken zu gründen. So ein großes Projekt kann aber nur gemeinsam und finanziell fundiert gelingen.
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Was bedeutet der Ausfall der Schwimmkurse finanziell für Ihren Verein?
Wir haben im Moment praktisch keine Einnahmen, aber auch deutlich weniger Ausgaben, weil Ausbildungen, Freizeiten oder die Gebühren fürs Tuwass wegfallen. Glücklicherweise nutzt die Volkshochschule unser DLRG-Heim für Kurse und die Mitgliedsbeiträge kommen nach wie vor rein – ich bin sehr dankbar, dass uns viele trotz der Umstände verbunden bleiben. Damit kommen wir über die Runden. Wir müssen also nicht betteln gehen oder Hilfspakete in Anspruch nehmen. Das möchten wir auch so beibehalten. Aber wir hatten 2020 etwa 30 000 bis 35 000 Euro Umsatz. Sonst haben wir mindestens doppelt so viel. Und das wird dieses Jahr nochmal heftiger.
Können Ihre Mitglieder momentan trainieren?
Nur eingeschränkt. Aktuell sind wir vor allem als Helfer im Kreisimpfzentrum und bei Schnellteststationen im Einsatz. Auch das will organisiert sein, aber es gibt einen finanziellen Anreiz, sonst wäre das kaum machbar. Sobald ein Training wieder möglich und zulässig ist, werden wir umgehend starten.
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