Tuttlingen, Sommer, Sonne und einen abwechslungsreichen Programmpunkt hat die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) im Rahmen von der Veranstaltungsreihe „Sommer im Park“ den Besuchern am Sonntag geboten. Mit unterschiedlichem und buntem Schwimmmaterial ging es flussabwärts die Donau entlang. Unser Reporter Simon Schneider war mit der DLRG dabei und hat das bunte Treiben auf dem Wasser miterlebt.
Um die beiden Fahrzeuge des DLRG nahe des Minigolfcenters versammeln sich zahlreiche Kinder und Erwachsene in Badeklamotten und Schwimmhilfen. Egal ob aufgeblasene Krokodile, Luftmatratzen oder einen großen Schwimmring - alles war dabei und erlaubt. Die Mitglieder des DLRG packen aus ihrem Fahrzeug einen Eisretter, der sich für flaches Gewässer besser eignet als ein Boot. Innerhalb weniger Sekunden bläst die Druckluftflasche an drei Anschlüssen den Eisretter auf. Ich stehe in kurzer Hose und weißem T-Shirt bereit für mein Abenteuer auf der Donau. Bei dem geringen Wasserstand kann mir nicht viel passieren. Außerdem bin ich in sicheren Händen. Denn: Die Rettungsschwimmerin Sophie Rutz und der ausgebildete Strömungsretter Stefan Raiber werden mit mir auf dem Eisretter flussabwärts treiben.
Bis es soweit ist, muss er ins Wasser, genauso alle anderen Schwimmhilfen. Das ist gar nicht so einfach, denn die Donau hat nur einen sehr geringen Pegelstand. Deshalb geht es zunächst mehrere Meter hinunter, bis die Füße nass werden. Der Vorsitzende der DLRG Ortsgruppe Tuttlingen Thomas Hauser ruft alle an den Sängersteg. Dort bringen zwei Mitglieder die Schwimmsachen ins Wasser, zwei weitere Helfer spannen ein Seil als Einstiegshilfe. Die Kleinen seilen sich zuerst ab, dann bin ich dran. Rückwärts geht es an den Steinen unterhalb der Fußgängerbrücke hinab wie ein Bergsteiger. Unten angekommen warten Stefan Raiber und Sophie Rutz auf mich. Sie geben mir ein Paddel und helfen mir auf den Eisretter.
Nachdem wir alle in Position sitzen, kann die Fahrt auf der Donau beginnen. Raiber sitzt vorne, Rutz hinter mir. Ich fühle mich sicher. Ab sofort sind wir ein Team und sitzen im selben Boot. Zugegeben - aller Anfang ist schwer. Wir versuchen im Takt zu paddeln, dennoch bewegt sich der Eisretter im Zick-Zack in der Donau entlang. Die richtige Vorwärtsbewegung ist bei uns noch nicht gefunden. „Rechts vor“, ruft der Strömungsretter. Er meint mich. Mit der ganzen Kraft meiner Arme bewege ich das Paddel. Immer wieder finden wir die Ideallinie und es geht nach vorne. Auch die Kinder und weitere Erwachsene sind mit den aufblasbaren Krokodilen und Schwimmringen gut im Wasser unterwegs. Die DLRG-Aktion fühlt sich wie eine Kombination aus Urlaub und Abenteuer an. Zahlreiche Beobachter entlang des Radwegs oder auf der anderen Seite in der Weimarstraße feuern uns an. Diesen Motivationsschub nutzen wir.
Die Ansagen von Stefan Raiber vernachlässige ich deswegen aber nicht. Von Minute zu Minute klappt die Fortbewegung auf dem Eisretter besser. „Es ist normal, dass sich das erst einspielen muss“, sagt mir der 24-Jährige und gibt weiter Kommandos. Er scheint aber als Truppführer ganz zufrieden mit mir zu sein. Unter dem Poststeg gönnen wir uns im Schatten eine kleine Verschnaufpause. Ich merke, dass schon nach 20 Minuten paddeln meine Kräfte in den Armen nachlassen und lockere sie. Meine kurze Jeanshose ist bereits vollkommen durchnässt, meinen Weggefährten geht es genauso. Ein Eisretter ist eben kein Boot.
Auf unserer Donaufahrt kontrolliere ich mit dem Paddel die Wassertiefe. Von 30 Zentimeter bis eineinhalb Meter tiefe Löcher ist alles dabei - die Tiefe variiert. Und genau hier lauert die Gefahr wie der erfahrene Strömungsretter weiß: „Bei den Schwimmern sehe ich die Selbstüberschätzung und die Unterschätzung der Gefahr. Obwohl es draußen hohe Temperaturen hat, können harmlos wirkende Flüsse von außen und stille Gewässer ohne Strömung eine Schichtbildung mit unterschiedlichen Temperaturen bilden, die gerade im Sommer unterschätzt werden können. Das kann im schlimmsten Fall zu einem Herzstillstand führen“, gibt Stefan Raiber mit Blick auf die zahlreichen Badetoten in diesem Jahr zu verstehen.
Auch die Strömung - nicht gerade in der Donau aber in anderen Gewässern wie im Rhein - können laut ihm für Menschen zur großen Gefahr werden. „Manche überschätzen ihre Schwimmfähigkeiten und Ausdauer, erinnern sich an den letzten Freibadbesuch wo alles ganz harmlos war im warmen Wasser mit einem klar definierten und sichtbaren Rand. Das ist in einem Fluss anders. Dort besteht neben den Temperaturunterschieden, die Gefahr gegen eine Strömung anzukämpfen und sich schnell zu erschöpfen“, erklärt mir Raiber, während wir unsere Paddel wieder in die Hand nehmen und unser Ziel - das Golem anvisieren. Wir sind als Trio nach 40 Minuten viel besser eingespielt. Geradeaus steuern wir das Golem an und lassen uns von unserer Ideallinie auch nicht mehr abbringen.
Das Krokodil und das Rettungsbrett haben wir längst abgehängt und kommen als Erster an. Vorsichtig steigen wir aus, damit wir ohne Schuhe durch die Steine keine Verletzungen bekommen. Vor Steinen, Ästen und tiefen Löchern in der Donau warnt auch Thomas Hauser. Obwohl das Schwimmen im freien Gewässer wie in der Donau auf eigene Gefahr erlaubt sei, rät er von „unbeaufsichtigtem Baden“ ab.
Nach seinem Appell haben wir es geschafft - und ich bin geschafft. Meine Arme sind erschöpft, die Kraft aufgebraucht. Paddeln fühlt sich wie ein ausgiebiges Muskeltraining mit Spaßfaktor an. Mit vereinten Kräften holen wir den Eisretter aus dem Wasser, während die Kinder mit ihren aufgeblasenen Schwimmhilfen ebenso gut gelaunt am Ufer ankommen und von den Zuschauern empfangen werden. „Es hat Spaß gemacht. Wir haben gut zusammengearbeitet“, findet die Rettungsschwimmerin Sophie Rutz. Und auch Stefan Raiber zeigt sich zufrieden mit dem Daumen nach oben.
Überhaupt präsentiert sich die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft bei „Sommer im Park“ zum ersten Mal - und dabei soll es nicht bleiben. Laut dem Vorsitzenden Thomas Hauser will die DLRG auch im kommenden Jahr wieder ein fester Bestandteil von „Sommer im Park“ sein und auch sonst solch eine Veranstaltung weiter ausbauen.
Eins ist sicher: Wasser bringt Spaß und gute Laune - wenn man die Gefahren richtig einschätzt.